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  • Ortsgruppe Osterhofen

Die Kunst beim Sonar: die Bilder lesen

(Osterhofener Zeitung vom 13.08.2022)

Peter Wagner, Technischer Leiter der Wasserwacht, erläutert die Technik – Sie half beim Rettungseinsatz

Peter Wagner, Technischer Leiter der Kreis-Wasserwacht, zeigt am Boot der Wasserwacht Osterhofen (in der Bootshalle) den Bildschirm des Sonars. −Fotos: Schwarzbözl (2)/Wasserwacht

Osterhofen. Der Badeunfall eines Vierjährigen bei Endlau am Sonntagnachmittag hat leider tödlich geendet (die OZ berichtete). Dennoch haben Sonar-Aufnahmen der Wasserwacht geholfen, den Buben im Wasser zu finden. Aber das ist gar nicht so einfach: „Die Kunst von der Geschichte ist, die Bilder zu lesen“, sagt Peter Wagner.

Er ist Technischer Leiter der Kreis-Wasserwacht im Landkreis Deggendorf, das entspricht bei der Feuerwehr dem Rang des Kreisbrandrats. Und er weiß, wie schwierig es sein kann, die Strukturen, die das Sonar unter Wasser aufnimmt, richtig zu interpretieren.

Das erläutert er am Schulungsbild der Wasserwacht Osterhofen, das leicht zu interpretieren ist: In der Isar bei Ettling fuhr das Boot genau über einen Baum. Der Sender/Empfänger des Sonars befand sich exakt über der Mitte des Baumstamms und zeichnete rechts und links die Verästelungen auf. Beide Bilder dieses „Sidescans“, also der Seitenansichten, sind am Sonarbildschirm nebeneinander zu sehen – und die Strukturen des Baums sind leicht erkennbar. Zudem zeichnet das Sonar auch eine Draufsicht auf.

Die Strukturen eines Baums in der Isar bei Ettling waren für die Wasserwacht leicht zu erkennen: Da die beiden Seitenansichten des Sonars nebeneinander gelegt sind, wirkt es, als ob die Äste nach oben streben würden; rechts und links die dicke Schicht des Flussbodens.

Sonar steht für die Anfangsbuchstaben von „sound navigation and ranking“, also die Navigation und Entfernungsbestimmung mittels Schall: Ein Sonargerät sendet Schallwellen aus, Treffen diese auf Objekte wie einen Baumstamm, wird der Schall zurückgeworfen. Anhand der Zeit ermittelt das Gerät die Entfernung – ähnlich wie das Echoortungssystem von Fledermäusen oder Delfinen. Je fester das Objekt, desto stärker der reflektierte Impuls – auch dies wird gemessen.

Der Vorteil an der Isar: Hier erfolgt keine Schifffahrt, das Wasser war entsprechend ruhig ohne Luftblasen, deshalb sind alle Strukturen deutlich zu erkennen. Das ist an der Donau anders – und bei einem Rettungseinsatz allemal.

Denn zu Beginn herrscht die „Chaosphase“, erläutert Technischer Leiter Wagner: Jeder will helfen, mehrere Rettungsboote sind gleichzeitig unterwegs. Der jeweilige Einsatzleiter der Wasserwacht – am Sonntag war dies Christopher Helmbrecht aus Hengersberg – muss sich erst einen Überblick verschaffen, um die Hilfskräfte zu koordinieren und den Einsatz zu strukturieren. Neben der Wasserwacht sind ihm auch die Boote der Feuerwehr unterstellt.

Anfangs ist das Wasser also entsprechend aufgewühlt, Luftblasen perlen durcheinander und die Sonar-Bilder sind keineswegs so klar wie die Baum-Aufnahme von der Isar. Auch können sie schnell unscharf werden, wenn das Wasserwacht-Boot durch den Wellenschlag eines anderen Boots ins Schwanken gerät, weiß Peter Wagner. Feinteile hingegen, die nach dem Schlamm des vergangenen Hochwassers noch im Wasser schweben, stören nicht.

Mit Sonar-Geräten sind fast alle Boote der Wasserwacht im Kreisverband ausgerüstet, neben Osterhofen also Plattling und Hengersberg. Technischer Leiter Peter Wagner hatte beim Kauf des neuen Osterhofener Boots 2013 die Initiative dazu gegeben und freut sich, dass dies finanziert werden konnte. Denn inklusive Einbau entstehen dafür bis zu 7000 Euro an Kosten, die durch Spenden finanziert werden müssen. Dazu kommen die Schulungen der Wasserwacht-Mitglieder.

Großes Lob hat Peter Wagner für die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr, die seit dem Hochwasser 2013 immer besser funktioniert – auch weil man sich persönlich immer besser kennt. Beim Einsatz am Sonntag habe die Zusammenarbeit bestens geklappt.

Zudem verfügt die Feuerwehr Niederalteich auf ihrem Boot über eine Unterwasserdrohne, die mit einer Kamera ausgerüstet ist. Damit kann man Unterwasserbilder aufnehmen, doch das Sonar kann Gegenstände orten. Zudem kann die Größe der Strukturen gemessen werden – auch dies hilft beim Erkennen, ob es sich um eine Person handeln kann oder die gesehene Struktur dafür viel zu lang ist. So kann man die Bereiche eingrenzen, in denen die Taucher zum Einsatz kommen sollen. Das spart Einsatzkräfte.

Die Boote der Wasserwacht waren beim Rettungseinsatz am Sonntag auf der Donau. Ihr Sonarbild half, den Buben zu finden.

Beim Rettungseinsatz am Sonntag waren alle Boote der Kreiswasserwacht im Einsatz. Das Osterhofener Boot steuerte Ramona Brumm, das Sonargerät bediente Bettina Vogl, Wasserretter waren Christian Amares und Magdalena Jakob.

Knapp eine Stunde nach Auslösen des Alarms erkannten sie am Sonar in der Buhne nahe der Unfallstelle eine Struktur, die eine kleine Person sein könnte. Allerdings gilt hier der Grundsatz: „Erst wenn der Gegenstand oder die Person geborgen ist, bestätigt sich das Bild“, erläutert Peter Wagner. Schließlich könnte die Interpretation der Sonaraufnahme falsch sein. Auch an der Ausfahrt der Bucht war eine ähnliche Struktur gesehen worden. Der Rettungseinsatz lief deshalb großflächig weiter.

Doch am Sonntag erwies sich das Bild nahe der Unfallstelle als richtig. Taucher konnten den Vierjährigen aus knapp drei Metern Tiefe bergen, leider nur noch tot.

Die Sonar-Aufnahmen verzeichnen den genauen Ort per GPS, die Tiefe und die Wassertemperatur. Dies erleichtert auch die Arbeit der Polizei, die die Bilder bei solchen Rettungseinsätzen erhält.

Seit Kauf des Bootes hat die Wasserwacht damit sechsmal Personen geortet – für Peter Wagner ist dies jedes Mal eine Bestätigung, dass die Anschaffung richtig war. Insgesamt hatte die Wasserwacht Osterhofen heuer bereits 15 Einsätze, neben Personensuchen werden sie auch gerufen, wenn ein Auto im Wasser landet, sich medizinische Notfälle am Schiff ereignen, Betriebsmittel im Wasser schwimmen, Gegenstände wie ein Tresor oder Schusswaffen im Wasser liegen, die rasch geborgen werden müssen und man nicht auf die Polizeitaucher warten kann, oder wenn sich Sportbootunfälle ereignen. – Gabi Schwarzbözl

Artikel aus Osterhofener Zeitung vom 13.08.2020